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]]>Meine lieben Birken, meine Wälder!
Erde du! Gefilde, karg und weit!
Viel zu viele gehen; und ich selber
Weiß nicht mehr, wohin mit meinem Leid.
Allem galt auf Erden meine Liebe,
Was die Seele hüllt in Fleisch und Blut.
Fächergleiche Espen, lebt in Frieden,
Hingeneigt zur roten Abendflut!
Manchem sann ich nach für mich im Stillen,
Manches Lied schrieb ich mir selber auch;
Auf der Welt, die arm ist an Gefühlen,
War mir Glück der eigne Lebenshauch.
Glück war, Frauen sorglos zu verführen,
Tief im Gras, in Blüten ungezählt.
Unsere Geschwister sind die Tiere,
Niemals wurde eins durch mich gequält.
Doch ich weiß, dass Bäume dort nicht blühen
Und des Roggens Schwanenhals nicht singt.
Deshalb fühl ich, wenn die Scharen ziehen,
Wie ein Schauder mir das Herz durchdringt.
Denn ich weiß, dass dort, in jener Ferne,
Keine goldne Flur die Nacht zerteilt.
Deshalb hab ich jeden Menschen gerne,
Der auf Erden lebt zu meiner Zeit.
Sergej Esenin
Übersetzt von Christine Fischer
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]]>Die lieben Seelen sind auf hohen Sternen.
Wie gut ist’s, dass man niemanden verlor
Und weinen kann. Ich möchte Lieder lernen
Vom Klang der Luft in Zarskoje Selo.
Am Ufer neigt die silberhelle Weide
Hin zur Septemberflut die Zweige still.
Und auferstanden ist aus frühern Zeiten
Mein stummer Schatten, der mich treffen will.
Wieviele Leiern in den Ästen schweben!
Auch meine eigne findet ihren Ort.
Und dieser sonnenhelle feine Regen
Ist sanfter Trost, ist segensreiches Wort.
Anna Achmatova
Übersetzt von Christine Fischer
In: Anna Achmatova: 50 Gedichte, Jena 2003, S. 93.
Zarskoje Selo: Ort der Inspiration,
an dem Russlands größte Dichter gewirkt haben.
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]]>Du warst vom ersten Treffen noch erschrocken,
Als ich schon flehte um ein Wiedersehn;
Auch heute ist der Abend heiß und lockend –
Ich seh die Sonne am Gebirge stehn.
Du bist nicht hier, doch dies ist keine Trennung:
Von dir erzählt mir alles immerfort.
Ich weiß es, deinem Leid fehlt die Benennung,
Du trauerst sprachlos, ohne jedes Wort.
Anna Achmatova
Übersetzt von Christine Fischer
In: Anna Achmatova: 50 Gedichte, Jena 2003, S. 57.
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]]>Ist’s süß, zu träumen eine andre Welt?
A. Blok
War dieser Traum prophetisch oder dunkel …
Der Mars erstrahlte mir als hellster Stern,
Am Himmel stand er drohend, rötlich funkelnd –
Ich träumte jene Nacht, du kämst von fern.
Er war in Bachs Chaconne, er war in allem,
Auch in den Rosen, die umsonst erblüht,
Auch in den Glocken, die im Dorf verhallen,
Weit über Schollen, schwarz und umgepflügt,
Im Herbst, der kommen fühlte seine Stunde,
Doch inne hielt und sich verbarg noch zag …
O mein August, wie konntest du die Kunde
Mir bringen an dem schweren Jahrestag!
Wie zahl ich für die königliche Gabe?
Wohin zum Feiern gehn? – Ich weiß es nicht.
Und sauber, wie ich stets geschrieben habe,
Schreib ins verbrannte Heft ich mein Gedicht.
Anna Achmatova
Übersetzt von Christine Fischer
In: Anna Achmatova: Anno Domini. Gedichte. Russisch-deutsch,
übertragen von Christine Fischer, Jena 1998, S. 129.
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Anna Achmatova
Übersetzt von Christine Fischer
In: Anna Achmatova: Anno Domini. Gedichte. Russisch-deutsch,
übertragen von Christine Fischer, Jena 1998, S. 117.
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]]>Im Mosaik der Stille war ich Kind,
In Kühle wuchs heran auch mein Jahrhundert;
Wenn Menschen sprachen, war ich nur verwundert,
Verständlich sprach zu mir allein der Wind.
Die Klette und die Nessel liebt’ ich beide,
Doch noch viel inniger die Silberweide.
Und dankbar war zu leben sie bereit
Mit mir zusammen. Aus den Trauerzweigen
Fiel stets in meine Nacht der Träume Reigen …
Nun kam – vor meiner – ihre Sterbezeit!
Dort ragt der Stumpf, und fremde Stimmen steigen
Aus andern Weiden, flauen wieder ab,
Hier, wo sich diese unsre Himmel neigen.
Ich schweige … denn mein Bruder liegt im Grab.
Anna Achmatova
Übersetzt von Christine Fischer
In: Anna Achmatova: 50 Gedichte, Jena 2003, S. 83.
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