Nach all den Jahren brennt mein Leben langsam aus;
Ich lösch mein Kerzenlicht und gehe still nach Haus,
In Weiten, grenzenlos, die Nebelschleier gleichen;
Ich will den vielen jungen Menschen weichen:
Sie ändern wundersam der Erdenwelt Gestalt,
Sie werden die Natur vielleicht besiegen –
Doch meine Asche soll an diesen Wassern liegen,
Doch mir gewähre Zuflucht dieser grüne Wald.
Ich sterbe nicht, mein Freund. Im leisen Blumenduft
Kannst du auf dieser Welt mich wiederfinden.
Und ihre Wurzeln soll die alte Eiche winden
Um meine Seele fest, die lebt in ihrer Gruft.
In jedem Blatt des Baumes wohne nun mein Geist,
Mein Denken lebe nun in seinen grünen Zweigen,
Die niederhängend dir im dunklen Wald sich zeigen,
Damit du selbst ein Teil von meinem Denken seist.
Urenkelkind, ich flieg – und seist du noch so fern –
Nah über dir dahin in himmlischem Gefieder,
Ich leuchte über dir in Blitzen immer wieder,
Ich bin im nassen Gras der funkelndhelle Stern.
Das Schönste auf der Welt ist unser eignes Sein.
Die dunkle Grabesnacht schlägt völlig sinnlos Wunden.
Ich habe stets gelebt, hab keine Ruh gefunden:
Die Welt kennt keine Ruh, nur Leben, mich allein.
Ich bin nicht erst in meiner Wiege recht entstanden,
Als meine Augen diese Welt erkannten –
Ich hab zum ersten Mal in meiner Welt gedacht,
Als lebloser Kristall zum Leben war erwacht,
Und als auf ihn der erste Tropfen prallte,
Der von dem eignen Licht gleichsam erschöpft erstrahlte.
Ich lebte nicht umsonst auf dieser Welt!
Nun möchte ich der Dunkelheit entschweben.
Vollende, Enkel, du mein Tun in deinem Leben –
Du bists, der mich in seinen Händen hält.
Nikolaj Zabolockij
Übersetzt von Christine Fischer
In: Nikolaj Zabolockij: Architektur des Herbstes, Jena 1996, S. 61-63.